Der Einsatz von Kunstlicht macht uns bei der Jungpflanzenanzucht sehr flexibel: Wir können die Lampen dafür benutzen, um den Jungpflanzen auf der Fensterbank oder im Gewächshaus am Abend ein paar Sonnenstunden extra zu spendieren oder wir bauen uns ein Anzuchtsetting nur mit Kunstlicht. Das hat den Vorteil, dass wir Licht und Temperatur sehr verlässlich kontrollieren können.
Bevor wir in das Thema eintauchen, möchte ich darauf hinweisen, dass Jungpflanzenanzucht auch ohne Kunstlicht möglich ist. Besonders im Hobby-Bereich gilt es gut abzuwägen, ob es für den individuellen Kontext Sinn macht. Meiner Meinung nach kann der Stromverbrauch durchaus in einem sinnvollem Verhältnis zum Nutzen stehen, wenn wir dadurch zum Beispiel früher Jungpflanzen ins Beet setzen und so in der Saison mehrere Kulturen hintereinander pro Beet realisieren können.
Wie ich bereits in Teil 3 – Licht & Temperatur erklärt habe, sind meine Leuchten auch nicht von Januar bis Mai durchgehend an. Ich starte Ende Januar mit wenigen Kulturen, dafür benötige ich nur wenige Lampen. Ab Mitte Februar ist meine Jungpflanzenanzucht dann voll. Doch schon Mitte März wandern zahlreiche Pflanzen ins unbeheizte Gewächshaus, so dass ich viele Lampen wieder ausschalten kann.

Welche Lampen eignen sich für die Anzucht?
Ich habe in den letzten Jahren viel mit unterschiedlichen Lampen zu Anzucht experimentiert und möchte euch gerne an meinen Erfahrungen teilhaben lassen. Natürlich stellt sich grundsätzlich die Frage, ob künstliches Licht und der damit einhergehende Stromverbrauch notwendig sind. Darauf muss jeder für sich selbst eine Antwort finden. Der Vorteil von Kunstlicht liegt wie oben schon erwähnt darin, dass die Anzucht unter kontrollierten Bedingungen (Licht und Temperatur) stattfinden kann und man durch die Voranzucht früher in die Gartensaison starten kann. Andere Möglichkeiten sind Früh- und Mistbeete, Gewächshäuser mit Frostwächter oder beheizte Anzuchttische im Folientunnel.
Meinen Weg auf der Suche nach den (für mich) perfekten Anzuchtlampen möchte ich hier auch nicht im Details darstellen. Nur so viel: Ich habe mit den Jahren fast alles ausprobiert, was man im Internet findet, wenn man nach Begriffen sucht wie Anzuchtlampen, Grow light usw. Die meisten Lampen hatten für mich in der Praxis einen oder mehrere Nachteile:
- Rot-blaues Licht, das ohne Schutzbrille schädlich für die Augen ist
- Verhältnismäßig hohe Anschaffungspreise
- Schwache Leistung gemessen am Preis
- Wenig Möglichkeiten für effektive Flächennutzung, z.B. die gleichmäßige Ausleuchtung von Regalen
- Keine Möglichkeit, die Lampen zu verbinden, was zu mehr und mehr Stromkabeln und Mehrfachsteckdosen führt
- Verhältnismäßig hohe Stromkosten
Schließlich habe ich auch mehrere sehr leistungsstarke Profi-Anzuchtlampen ausprobiert. Diese führen zu einem deutlich kompakterem und schnelleren Wachstum der Jungpflanzen. Allerdings verbrauchen diese Lampen sehr viel Strom und sind in der Regel dafür ausgelegt, einen Bereich von zum Beispiel einem Quadratmeter auszuleuchten, eignen sich aber nicht gut für die effektive Flächennutzung in Anzuchtregalen.
Es hat etwas gedauert, aber ich habe die für mich perfekte Lösung gefunden: Kaltweiße LED-Leuchtstoffröhren, verwendet in Regalen mit 60cm Tiefe. Die Vorteile und technischen Infos gebe ich euch weiter unten. Ich werdet von mir jedoch keine fachlich fundierte Abhandlung über Farbspektren, Watt, Lumen & Lux bekommen, sondern nur eine kurze Begriffsklärung und schließlich die Empfehlung für ein System, dass sich in meiner Praxis bewährt hat.

Das richtige Farbspektrum
Als ich mir vor sechs Jahren die ersten Lampen für die Anzucht gekauft habe, war die gängige Empfehlung, Lampen mit roten und blauen LEDs zu verwenden. Das seien die Farbspektren, welche die Pflanzen in diesem frühen Stadium brauchen. Später tauchten dann Lampen auf, deren Hersteller mit Vollspektrum warben. Ich habe in der Zwischenzeit einen Hersteller von Pflanzlampen aus Deutschland kennengelernt, der mir erklärt hat, dass diese rot-blauen Lampen heute niemand mehr produziert, das sei überholt. Der Begriff Vollspektrum sei jedoch auch lediglich ein Marketing-Begriff. Wichtig seien die Lichtintensität und die Lichttemperatur.
Die Lichtmenge: Lux, Lumen und Watt
Bei einigen Lampen wird die Beleuchtungsstärke in Lux (lx) angegeben. Lux beschreibt die Menge an Licht, die auf der beleuchteten Fläche ankommt und steht damit immer im Verhältnis zum Abstand zwischen Leuchte und Fläche.
Glücklicherweise geben die meisten Hersteller die Werte Lumen und Watt an. Lumen (lm) ist die Einheit des Lichtstroms und beschreibt, wieviel Licht die Lampe abgibt. Watt (W) ist die Maßeinheit für den Stromfluss und gibt die Leistung der Lampe an.
Mithilfe von Watt und Lumen können wir die Lichtintensität errechnen. Für die Jungpflanzenanzucht sollte eine Lampe mindestens 100 Lumen pro Watt erreichen. Viele Meiner Lampen haben zum Beispiel 2400 lm und 24 W, und damit exakt 100 lm/W. Mit diesen Werten habe ich gute Erfahrungen gemacht, bei einem Abstand von 25-30cm zwischen Lampe und Oberfläche der Anzuchtgefäße und Temperaturen von 15-19 Grad (wenn möglich eher kühl). Ich habe auch Lampen mit 150lm/W und mehr. Diese erreichen ein noch kompakteres Wachstum der Jungpflanzen, verbrauchen aber auch deutlich mehr Strom.
Die oben erwähnten Grow-LEDs mit roten und blauen Lichter haben übrigens häufig keine Angabe von Lumen, sondern nur von Watt. Letztes Jahr habe ich mir diese Lampen noch einmal angesehen und mit einem Energieverbrauchs-Messgerät getestet. Die tatsächliche Leistung unterschied sich teils erheblich von der angegebenen. Zum Beispiel hatte eine Lampe vom Hersteller die Angabe 75 W, erreichte tatsächlich aber nur knapp 25 W.
Die Lichttemperatur: Kelvin
Wenn wir mögliche Anzuchtlampen näher betrachten, ist neben der oben beschriebenen Lichtmenge noch die Lichttemperatur (oder Lichtfarbe) entscheidend. Die Lichttemperatur wird in Kelvin (K) angegeben und sollte zwischen 5000 und 6500 K betragen. Diese Bereich kommt dem kühlen bzw. neutralen Tageslicht am nähesten und funktioniert daher für die Jungpflanzenanzucht auch am Besten.
Meine Anzuchtlampen
Ich nutze mittlerweile nur noch kaltweiße LED-Leuchtstoffröhren: Eine Variante mit 100lm/W und eine mit 150lm/w. Die lichtstärkere Version ist teurer in der Anschaffung und verbraucht mehr Strom, zeigt aber auch sichtbare Qualitätsunterschiede bei den Jungpflanzen. Aufgrund des höheren Stromverbrauchs habe ich davon jedoch nur wenige.
Beide Lampen funktionieren gut und meiner Erfahrung nach sind die OUBOs ausreichend, wenn die Raumtemperatur nicht über 18 oder 19 Grad steigt. Die Pflanzen vergeilen darunter nicht und entwickeln sich gesund und kompakt.
Vorteile dieser Lampen:
- Hohe Lichtausbeute
- Geringer Anschaffungspreis
- Lampen kommen in unterschiedlichenLängen, perfekt für Anzuchtregale
- Lampen lassen sich miteinander verbinden (nur OUBOs)
- Verhältnismäßig geringer Stromverbrauch
OUBO Leuchtstoffröhre (60 – 150 cm)
Die OUBOs haben etwa 100lm/W und sind sehr günstig in der Anschaffung. Dazu braucht man dann noch einen Netzstecker und evtl. Stecker, um mehrere Lampen zu verbinden. Bezugsquellen findest du am Ende des Artikels.
Ich habe eine Reihe verschieden großer Regale, von 120 bis 150 Meter Breite. Dementsprechend habe ich Lampen in 120 und 150 Länge gekauft
Die Anzahl der Ebenen habe ich so gewählt, dass der Abstand zwischen Quickpot und Leuchtstoffröhre etwa 25-30 cm beträgt. Bei den ersten Regalen habe ich pro Ebene zwei Leuchtstoffröhren verwendet. Das hat gut funktioniert. Bei neueren Regalen teste ich drei Röhren, kann aber noch nicht sagen, ob sich daraus wirklich ein Vorteil ergibt.

Secret Jardin (54cm, 26W, 3600lm)
Diese Lampen haben einige Vorteile gegenüber den OUBOs, kosten aber auch deutlich mehr. Es sind Qualitätslampen, entwickelt für die Jungpflanzenanzucht und mit einer Lebensdauer von 30.000 Stunden. Außerdem haben die Lampen 150lm/W, also 50% mehr Licht als die OUBOs. Ein weiterer Vorteil ist, dass der Netzstecker bereits mitgeliefert wird. Jedoch ist er fest angebracht, so dass sich nicht mehrere Lampen miteinander verbinden lassen. Bezugsquellen findest du am Ende des Artikels.

Anzuchtregale
In meinem Anzuchtsetting möchte ich den Platz möglichst effektiv ausnutzen. Wenn Platz für euch kein limitierender Faktor ist, kann eine andere Lösung sinnvoller sein. Ich nutze für Jungpflanzen sogenannte Quickpotts. Diese haben das Maß 33 x 54 cm und bieten Platz für z.B. 77 oder 150 Jungpflanzen. Um die Quickpotts in Regalen gleichmäßig ausleuchten zu können, habe ich nach Regalen mit 60cm Tiefe gesucht. Einige solcher Regale habe ich mir selbst aus Restholz gebaut, zum Beispiel einen Rahmen aus dicken Kanthölzern und Regalböden aus OSB oder Sperrholz.
Hat man keinen Zugang zu günstigem Holz, dann können Schwerlastregale eine gute und preiswerte Option sein. Ich nutze mittlerweile mehrere Chromstahlregale auf Rollen. Diese Regale kann ich zusammenschieben, so dass sie wenig Platz verbrauchen und das Licht optimal ausgenutzt wird. Muss ich an die Quickpots, schiebe ich sie einfach auseinander. Der Nachteil dieser Regale: Sie sind sehr teuer.

Leuchtstoffröhren anschließen
Die Secret Jardin LEDs kommen mit einem Netzstecker. Sie können direkt in eine Steckdose gesteckt und in Betrieb genommen werden. Die OUBOs kommen nicht mit einem Netzteil, sondern nur mit einem T8 Anschlusskabel, dass man selbst mit einem Netzteil oder einer Stromzuleitung verbinden kann. Das kann man machen. Dabei sollte jedoch darauf geachtet werden, dass alle Kabelverbindungen spritzwassergeschützt sind. Dafür gibt es spezielle Kabelklemmen. Eine weitere Möglichkeit ist es, direkt T8 Netzteile zu kaufen. Davon braucht man auch nicht viele. Ich habe pro Regal meist alle Leuchtstoffröhren mit T8 Verbindern miteinander verbunden und führe nur ein Netzteil zum Strom.
Stromverbrauch
Nehmen wir an, du verwendest zwei OUBO Leuchten mit 150cm Länge. Jede Leuchte hat 24 Watt. Die Lampen laufen bei dir 15 Stunden am Tag. Dann kannst du den Strompreis pro Tag so errechnen:
24 Watt x 2 = 48 Watt
48 Watt x 15 h = 720 Wh = 0,72 kWh
Bei einem durchschnittlichem Strompreis von 32 cent pro kWh kosten dich dich die zwei Leuchten also 23 cent am Tag oder etwa 7 Euro im Monat.
Unter zwei 150cm Leuchten kannst du 5 Quickpots mit jeweils 77 oder 150 Pflanzen stellen. Du zahlst also 7 Euro für 385 – 750 Jungpflanzen (die meisten Jungpflanzen benötigen nur 4-5 Wochen, um groß genug zum Auspflanzen zu sein). Eine Jungpflanze kostet demnach 1-2 cent.
Bezugsquellen
Schwerlastregal mit 60cm Tiefe